Endlich: Spielzeug!


Lange genug habe ich es vor mir hergeschoben, aber wirklich drum herum komme ich wohl nicht. Dieser Teil der Artikelserie beschäftigt sich mit der Ausrüstung, die bei der Arbeit im Fotograben sinnvoll ist. Ich vertrete den Standpunkt, dass der Fotograf die Fotos macht und die Kamera nur das Werkzeug ist, das ihm (oder ihr – bevor ich wieder Schläge bekomme) dabei hilft, ein großartiges Foto zu machen. Viele Situationen lassen sich ohne größere Probleme mit quasi jeder halbwegs anständigen Kamera und jedem Objektiv handhaben. (Fürs Protokoll: klick, klick und klick!)

Konzerte (und einige andere Dinge, die hier nicht reinpassen) gehören eindeutig zu den Fotosituationen, bei denen ein gewisses Maß an (teurer) Technik den Unterschied zwischen Foto und kein Foto ausmachen kann. In diesem ersten Artikel über Ausrüstung geht es nur um Kameras und Objektive – sonst wird es einfach zu lang.

Bevor es los geht: Nikon? Canon? Sony? Pentax?

Die Frage wird mir so oft gestellt, dass ich sie hier endgültig und für alle Zeiten mit der Autorität meiner umfassenden Allwissenheit in allen fotografischen Belangen beantworten will:

2010-02-09_20-20-58_Hypocrisy (Garage SB)

Nur und ausschließlich mit Nikon Kameras kann man überhaupt gute Fotos machen! Canoniere sind Herdentiere. Pentaxer seltsame Außenseiter mit Elitefantasien. Sony hat eine verdammt seltsame Firmenpolitik und total unhöfliche Anwälte. Alle anderen taugen auch nix, sonst wären mir ja die Firmennamen spontan eingefallen.

Nur eine der Aussage da oben stimmt. Die über Sony. Denen habe ich versprochen, dass ich jedem davon abrate, ihre Produkte zu kaufen. Nachdem das und die Scherze, die man so bei dem ein oder anderen Getränk in trauter Runde macht, erledigt ist/sind, eine kurze Anmerkung zur Wahl der Qual. Die Kameras der verschiedenen Hersteller geben sich in ihrer jeweiligen Preisklasse herzlich wenig. Mal hat eine Nikon den etwas besseren AF, mal rauscht es bei den Canonen minimal weniger. (Eine Woche später ist das genau umgekehrt…) Ist unterm Strich alles völlig egal. Nehmt die (alle!) Bodys der für Euch in Frage kommenden Preisklasse in die Hand und schaut durch den Sucher. Legt die Sony wieder weg.

Die Kamera, bei der Eure Finger sich am wohlsten fühlen, ist es. (Wer ganz genau sein will, schaut noch, was Objektive und anderes Zubehör für diesen Hersteller kosten.) Herzlichen Glückwunsch, Ihr habt Euch gerade für den Rest Eures Fotografenlebens gebunden… (Nein, habt Ihr nicht, aber ich kenne nur wenige Kollegen, die tatsächlich leichten Herzens das System gewechselt haben.)

offensichtlich und vielleicht teuer: Glas und Glashalter

20130409-190642-Helloween_Garage_SB

Oft genug habe ich es hier erwähnt, auf der Bühne ist es ziemlich dunkel. Um das in den Griff zu bekommen, braucht es gute Technik. Und wenn ich gefragt werde, sollte man genau in der Reihenfolge investieren, die in der Überschrift angedeutet ist: wenn man sich zwischen einem wirklich gutem Objektiv und einem neuen Body entscheiden muss, sollte man zunächst zum Objektiv greifen.

Ein wirklich gutes Objektiv wird mehrere Generationen an Kamerabodys überleben und helfen, die Möglichkeiten der Bodys auszureizen. Die Dinger werden nicht schlechter, verlieren kaum an Wert und sind für die technische Qualität eines Fotos um mehrere Größenklassen bedeutsamer als jeder noch so teure Body. Ein gutes Objektiv an einem mittelmäßigen Body wird (immer wieder: technisch!) gute Fotos ergeben. Ein schlechtes Objektiv an einem teuren Body produziert schlechte(re) Fotos. So einfach ist das. (Hier ein sehr unterhaltsames englisches Video zum Thema.)

Mit gut meine ich die  Zoomobjektive der f/2,8 Klasse und die lichtstarken Festbrennweiten der f/1,8 oder f/1,4 Klasse. Verglichen mit anderen Objektiven, sind solche Objektive (meist – aber dazu später) richtig teuer. Für das Geld bekommt man allerdings auch einiges geboten! Preiswerte Teleobjektive haben am langen Ende eine maximale Blendenöffnung von f/6,3, die teuren sind da immer noch bei f/2,8 – grob gerechnet kommt da also mehr als die vierfache Lichtmenge durch. (Wer das mit der Blendenzahl genauer haben will, fange hier an zu lesen.) Hinzu kommt, dass die f/2,8er meist aufwändiger berechnet und verarbeitet sind, so dass sie ganz allgemein gesprochen optisch allen anderen Zooms weit überlegen sind. (Dass die allermeisten Vertreter dieser Klasse auch noch abgedichtet sind, ist ein willkommener Bonus. Hier lesen.)

2010-05-08_195020_Axxis Powerwolf - Blieskastel (Jan Reif - www.saarstar.net)

Will man die Flexibilität eines Normal-Zoomobjektivs, kommt man (fast!) nicht darum herum, deutlich über 1000€ auszugeben. Dabei gelten die Objektive der jeweiligen Hersteller als Referenzklasse. Ein wenig Geld kann man mit den Produkten der Dritthersteller sparen, wobei man sich da vorher ein wenig umhören sollte. Das Tamron 24-70 z.B. soll eines der besten Objektive seiner Klasse sein (und der ein oder andere Kollege hat mir schon in den höchsten Tönen von seinem Tamron vorgeschwärmt). Über das entsprechende Sigma habe ich nicht ganz so positive Berichte gelesen.

Wer einen wirklich preiswerten Einstig in die Welt der lichtstarken Zooms wagen mag, kann sich das Tamron 28-75 mal näher anschauen. Ich habe sehr lange damit gearbeitet und war sehr zufrieden mit dem Objektiv. Das Teil kostet noch nicht einmal ein Drittel des Nikkors! Ja, man macht einige Abstriche – der AF ist deutlich langsamer als der Ultraschallmotor des großen Vetters, abgedichtet ist es nicht und auch die Abbildungsleistung ist nicht so herausragend, wie die der richtig teuren Pendants. Aber es ist immer noch gut! Die anderen sind halt einfach besser. (Anmerkung: ich habe öfters gehört, dass es bei den Tamrons eine gewisse Serienstreuung gibt. Probiert „Euer“ Tamron vor dem Kauf aus. Man kann auch – kostenlos – Objektiv und Kamera justieren lassen. Dann ist das Werkzeug aber erst mal eine gute Woche weg…)

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Bei den Telezooms (ich meine die 70-200mm) sieht es ähnlich teuer aus – allerdings habe ich den Eindruck, dass da die Goldring-Nikkore und die „L“-Canonen (und wie auch immer die anderen Hersteller ihre teuren Objektive nennen) kein Weg vorbeiführt… Ergänzung: Ich durfte letztens das neue 2,8er Sigma 70-200 ausprobieren. Ich unterstelle, dass man einem offiziellen Vertreter der Firma ein ausgesucht gutes Objektiv mitgibt, wenn er Kunden überzeugen soll. Mein Fazit, nachdem das Kerlchen mich zu einem Shootout provoziert hatte: NEHMT DAS NIKKOR! (Es war ein sehr deutlicher Sieg für mein altes Schlachtross.)

Zu den „echten“ Weitwinkeln (also z.B. dem 14-24er Nikkor) habe ich mir noch keine Meinung gebildet. Besagtes Nikkor fehlt mir als letztes der „großen Drei“ noch in der Sammlung. Ja, ich will so eins! Ich traue mich aber nicht, eines mal auszuprobieren, das ist immer so teuer.

Es gibt halbwegs Lichtstarke „Kompromissobjektive“ – wie das Nikon 24-120 f/4. Ich habe es ausprobiert. Mir persönlich ist das zu viel Kompromiss. Allerdings ist das Objektiv an sich nicht schlecht und der abgedeckte Brennweitenbereich durchaus reizvoll, ich denke, der ein oder andere könnte durchaus mit so einem auch als „Immerdrauf“ geeignetem Objektiv glücklich werden.

Wer mehr Licht haben (oder nicht so viel Geld ausgeben) will, findet vielleicht bei den Festbrennweiten einen passenden Aufsatz für seinen Body. Außerdem sollte grundsätzlich jeder ein 50mm in seiner Fototasche haben! Damit ist man zwar nicht ganz so flexibel wie mit den Zoomobjektiven, hat aber (grob) eine Blende mehr Licht (das hat mir schon das ein oder andere Foto gerettet) und jede Menge Geld gespart. Mein 50er habe ich vor über 10 Jahren für kleines Geld bei eBay ersteigert und ich liebe das Objektiv immer noch!

Grundsätzlich möchte ich festgehalten wissen, dass es sich eher lohnt, Geld in gute Objektive zu stecken als sich einen Body zu kaufen.

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Nennt Ihr einen anständigen Objektivpark Euer Eigen, könntet Ihr auf die Idee kommen, Euch einen neuen Body zu gönnen. Ich möchte allerdings anmerken, dass so gut wie jede halbwegs moderne Kamera der Herausforderung „Fotograben“ gewachsen ist. (Ist Euch aufgefallen, dass die bisherigen Titelbilder der Artikelserie mit einer „antiken“ D200 gemacht wurden?) Selbst etwas ältere Einsteigerkameras wie die Nikon D3100 liefern bei höherer Lichtempfindlichkeit noch durchaus brauchbare Ergebnisse.

Selbstverständlich bekommt man bei den teureren (Semi-) Pro Bodys in jeder Hinsicht mehr geboten. Es lohnt sich – meiner Meinung nach – darum nicht, Geld in das Nachfolgemodell seines Bodys zu investieren. Eine D3200 wird nicht großartig besser sein als eine D3100 und auch eine D3300 wird keinen entscheidenden Qualitätssprung bringen (um beim Hersteller meiner Wahl zu bleiben).

Lohnenswert ist es jedoch, Geld in die Hand zu nehmen um sich in eine höhere Liga einzukaufen. Auch wenn die Abbildungsleistung einer D7100 sich in der Praxis nur graduell von der Leistung einer D3100 unterscheidet, glänzt der große Bruder z.B. mit einem deutlich aufgebohrten Autofokus und einigen anderen Dingen, die einem das Leben (und das Fotografieren) deutlich vereinfachen.

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Richtig interessant wird es, wenn man die Hobby- und Enthusiastenklasse verlässt und sich einen „großen“ Body (bei Nikon die 300(s)/700/800 oder gar die 3(x/s)/4) zulegt. In dieser Klasse wechselt das Bedienungskonzept – die Dinge, die man in kritischen Umgebungen öfter manuell einstellen mag, (Blende, Belichtungszeit, ISO, AF-Feld, AF-Modus, Belichtungsmessmethode, …) sind direkt zugänglich. Die Gehäuse sind abgedichtet und (wie ich aus eigener, immer noch schmerzhafter Erfahrung lernen durfte) verdammt stabil. Ich könnte jetzt noch ein wenig weiter schwärmen, es läuft alles darauf hinaus, dass das (bei jedem Hersteller) eine ganz eigene Klasse ist. Die sind deutlich teurer als ihre kleinen Brüder, aber ich finde, es lohnt sich ab einem gewissen Zeitpunkt, das Geld zu investieren. (Tipp: die Dinger auf gar keinen Fall einfach mal so in die Hand nehmen, durch den Sucher schauen oder gar Probeschießen. Dann will man die nicht mehr los lassen!)

Das Fazit hier: Ein neuer Body lohnt sich erst, wenn man die entsprechenden Objektive hat um das bestmögliche Ergebnis aus dem Gerät herauszuholen. Investiert erst dann, wenn die neue Kamera Euch wirklich spürbare und/oder sichtbare Vorteile bringt.

Gesamtfazit / Meinung / Ratschlag – tl;dr

Die Arbeit im Fotograben stellt sehr hohe Ansprüche auch an die Ausrüstung. Die Werkzeuge, die mit solchen Situationen gut klar kommen, sind teuer. Wer langfristig Konzertfotografie betreiben will, muss eher früher als später Geld in die Hand nehmen. Wenn Ihr das ein wenig durchdenkt und klug anstellt, könnt ihr Euch recht schnell einen Grundstock anschaffen und langsam Eure Ausrüstung erweitern ohne sinnlos Geld zu verbrennen.

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Wenn Ihr ganz klein anfangen wollt, besorgt Euch die ein oder andere lichtstarke Festbrennweite. Fangt mit einem 50mm an, das kann man immer gebrauchen und mir ist noch kein schlechtes 50er untergekommen. Baut Euren Objektivpark weiter aus und bedenkt, dass Objektive eine langfristige Investition sind, an denen Ihr (im Idealfall) ein Leben lang Spaß haben könnt. So ein 85er ist z.B. eine gute Ergänzung, wenn es um Festbrennweiten geht. Als Einstieg in die f/2,8er Zoomklasse ist das Tamron 28-75 kein Fehlkauf, die teureren Objektive sind aber ganz klar besser. (Kauft nichts von Sony.)

Eine neue Kamera sollte relativ weit unten auf der Prioritätenliste stehen. Noch vor einem neuen Body gibt es viele, viele andere Dinge, die anzuschaffen sich lohnt. Aber davon erzähle ich ein anderes Mal.

Edit: Wo kaufen?

Ja, man kann im Internet kaufen. Ja, Amazon (und andere Onlinehändler) haben angenehme Preise und anständigen Service. Ich habe einen hervorragenden Händler vor Ort, bei dem ich gerne mein Geld lasse, Beratung bekomme und gerne auch mal nur auf ein Schwätzchen vorbeischaue. Persönliche Beratung und kompetente Ansprechpartner sind verdammt wertvoll.

So ein Händler vor Ort lässt einen gerne mal das Spielzeug anschauen und ausprobieren. Ich möchte nicht ausschließlich auf den Einkauf im Internet angewiesen sein. Wer im Saarland ist, sollte unbedingt bei Foto+Digital Gressung vorbeischauen.