Dürfen DIE das? – juristische Mythenforschung 4


Bisher ging es um Eure Pflichten und um die Fallen, in die Ihr tappen könnt. Natürlich habt auch Ihr Rechte und genau um die geht es jetzt.

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Urheberrecht…

Als Fotograf seid Ihr Urheber Eurer Fotos. Das gibt Euch umfassende Rechte. Ihr habt das Recht zu bestimmen ob, wo und in welcher Form Eure Fotos veröffentlicht und vervielfältigt werden (§12, §15 UrhG). Eure Bilder dürfen auch nicht ohne Eure Zustimmung verändert (z.B. Beschnitten oder ein Wasserzeichen entfernt) werden (§29, §62 UrhG). Außerdem habt Ihr das Recht, dass Eure Urheberschaft „Anerkannt“ wird – also darauf, dass bei der Veröffentlichung Eurer Fotos z.B. Euer Name genannt wird (§13 UrhG). Diese Rechte kann Euch keiner nehmen, allerdings könnt Ihr anderen bestimmte Reche an Euren Werken einräumen (z.B. Veröffentlichungs- oder Vervielfältigungsrechte – §29 UrhG).

Wichtig ist, dass man allein dadurch, dass man ein Foto gemacht hat, Urheber ist. Es bedarf keiner ominösen Schöpfungshöhe, keiner besondern künstlerischen Qualität, um in den Genuss des Schutzes dieses Gesetzes zu kommen.

Im Zusammenhang mit diesem Themenkomplex taucht immer wieder das angloamerikanische Copyright auf. Das gibt es in Deutschland schlichtweg nicht! Und das ist vom Standpunkt eines Kunstschaffenden (also auch von unserem Fotografenstandpunkt) aus betrachtet auch sehr gut so – erlaubt die Konstruktion des Copyrights doch einige Dinge (vollständige Rechtsübertragung, eine quasi-Enteignung des Künstlers), die echt unschön sind.

…und die Konsequenzen

Die erste und wichtigste Konsequenz ist, dass Eure Fotos durch das Gesetz automatisch geschützt sind. Ohne dass Ihr das explizit erlaubt, darf niemand irgendwas mit Euren Bildern veranstalten. Wird Euer Urheberrecht verletzt, könnt Ihr dagegen vorgehen, indem Ihr z.B. den Schuft, der Eure Bilder geklaut hat, abmahnen und ihm eine Rechnung für die Fotolizenzen zukommen lasst. (§97§97a UrhG). Auch ein „Privatmensch“ hat dieses Recht. Als Bemessungsgrundlage für den entstandenen Schaden wird im Zweifelsfall die MFM-Liste herangezogen und ein gewissen Aufschlag (meist 100%, es wurden aber auch schon 200% und 300% vor Gericht erstritten) hinzugerechnet. Selbstverständlich könnt Ihr (zusätzlich, soweit möglich) auf die Beseitigung der Verletzung – also z.B. auf das Löschen der entsprechenden Fotos – bestehen.

Was in der Theorie so wunderbar klingt, ist in der Praxis oft schwierig und vor allen Dingen schwierig durchzusetzen. Das Unrechtsbewusstsein ist gerade bei Urheberrechtsverletzungen nicht unbedingt ausgeprägt und selbst Menschen, die es besser wissen müssten, versteigen sich gerne in absurdeste Behauptungen (vulgo: Lügen) um Ihr Verhalten irgendwie zu rechtfertigen.

In vielen Fällen ist es auch klüger nicht auf sein Recht zu bestehen…

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Wenn ich Fotos auf meine Internetseite stelle, darf die sich jeder nehmen?

Auch wenn das einige Zeitgenossen gerne so hätten, ist das nicht der Fall. Was Ihr öffentlich Ausstellt, darf sich selbstverständlich jeder Ansehen, aber für eine weitergehende Nutzung (z.B. auf der eigenen Webseite benutzen, herunterladen und als Postkarte verschicken,…) bedarf es Eurer Zustimmung. Für die technikaffinen Leser sei erwähnt, dass auch das verwenden des <img… >-Tags eine Urheberrechtsverletzung darstellt.

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Wenn ich Fotos auf facebook (flickr, instagram, twitter…) einstelle, darf die sich jeder nehmen?

Und wieder: nein! Die Dienste – gerade facebook ist da besonders dreist – lassen sich in Ihren AGB bestimmte Rechte an Euren Werken einräumen. Selbstverständlich brauchen die Betreiber bestimmte Rechte (zum Beispiel das Recht, Eure Werken anderen zugänglich zu machen) damit Ihre Seite überhaupt funktionieren kann. Darüber hinaus ist mir kein Fall bekannt, bei dem facebook & Co mit urheberrechtlich geschützten Inhalten Schindluder getrieben hätten.

In den Köpfen vieler Menschen hat sich allerdings der Mythos verfestigt, dass alles, was nur irgendwie auf facebook (oder im Internet allgemein) landet, für jeden kostenlos zu haben ist. Das ist ein Irrtum. Es sollte sich auch mittlerweile herumgesprochen haben, dass man nur eigene Werke (egal wohin!) hochladen sollte.

Die „Teilen“-Funktion, die facebook bietet, ist hingegen unproblematisch – denn facebook hat sich in den AGB das Recht eingeräumt, geschützte Inhalte seiner Mitglieder genau so zu nutzen.

Sind meine Fotos nur geschützt, wenn ich das dazu schreibe oder ein „Copyright“ Wasserzeichen anbringe?

Eure Fotos fallen automatisch unter den Schutz des Urheberrechts. Es gibt in Deutschland kein Copyright und das Anbringen eines solchen Zeichens ist in diesem Zusammenhang völlig sinnfrei. Es kann im Zweifelsfall als Indiz einer Urheberschaft genutzt werden… aber Ihr habt ja Eure Originaldateien, so dass Ihr im Zweifel ganz leicht Eure Urheberschaft beweisen könnt. Die Sache mit dem automatischen Schutz kann ich nicht oft genug wiederholen – ich habe schon unzählige Male das Sprüchlein gehört, dass an meinen Bildern nicht dran stand, dass man sie nicht klauen darf…

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Was ist das mit dem „Urhebernachweis“?

Einfach gesagt bedeutet das, dass Ihr ein Recht darauf habt, als Urheber Eurer Fotos genannt zu werden. Ihr könnt auf dieses Recht verzichten, ihr müsst niemandem auf die Füße treten, wenn Ihr Euren Namen nicht an Euren Bildern findet, könnt es aber. Gerade wenn jemand Eure Bilder ohne Lizenz nutzt, ist ein fehlender Urheberrechtsnachweis zusätzliche „Munition“, falls Ihr Euch entscheidet, Maßnahmen zu ergreifen.

Die Sache mit dem Urheberrechtsnachweis ist übrigens auch der Grund, weswegen ich ein Wasserzeichen in die Bilder mache, die ich bei facebook einstelle. Viele Facebooker sind nicht böswillig wenn sie Bilder, die sie mögen herunterladen und dann wieder hochladen, sie kommen nur mit der Technik nicht klar. Ein „Teilen“ bring direkt einen Quellennachweis in Form eines Links auf meine Seite an. Das ist natürlich ideal. Wenn nicht geteilt wird, steht immerhin noch im Bild wie man zu mir findet.

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Wann was tun?

Der Schutz des Urheberrechts ist umfassend und ein naiver Mensch kann recht schnell auch ohne böse Absicht Eure Rechte verletzen. Dann gibt es auch diejenigen, die es besser wissen müssten und einfach dreist sind. Und jede Menge Abstufungen dazwischen. Ich halte nichts davon, gleich auf jeden mit der ganz großen Keule drauf zu hauen, sondern plädiere für eine gesunde Mischung aus Nachsicht und Atomschlag:

Vergisst einer meiner Kunden einen Urheberrechtshinweis anzubringen, schreibe ich ihn freundlich an, freue mich, dass ihm meine Arbeit gefällt und weise höflich auf das Versäumnis hin. Das hat bisher immer funktioniert.

Stellt irgendwer unlizenziert Bilder ein, bei dem ich eher Naivität als böse Absicht vermute, halte ich es genauso – ich schreibe eine kurze Nachricht mit der Bitte, die entsprechenden Bilder zu entfernen. Nur einmal musste ich das auf die nächste Bösartigkeitsstufe eskalieren.

Tauchen meine Bilder unlizenziert in einem Medium auf, das es besser wissen müsste (Tageszeitung, größeres Webportal, Homepage einer größeren Band), schreibe ich einen Brief, in dem ich mich darüber freue, dass meine Arbeit so gut gefällt. Zu dem Brief stecke ich gleich noch die Rechnung für die Fotolizenz mit angemessenem Aufschlag in den Umschlag. Nachdem mir jetzt mehrfach Leute, die es besser wissen müssen, wirklich dumm gekommen sind, schone ich meine Nerven und versuche gar nicht mehr, eine Diskussion zu führen. Funktioniert hervorragend.

Werden meine Fotos anderweitig kommerziell genutzt oder bekomme ich zu unverschämte Antworten, lasse ich meinen Anwalt von der Kette.

Ja, jedes Szenario ist schon vorgekommen. Gerade das, was mir im letzten Fall alles erzählt wurde, hat mich davon überzeugt, ab einer gewissen Dreistigkeitsgrenze keinerlei Gnade mehr zu zeigen. Wenn man versucht, mir mit meinen eigenen Fotos ein absolut nutzloses Produkt zu verkaufen oder ich Plakate mit meinen Fotos als Werbung für eine (kommerzielle) Veranstaltung zufällig in einer fremden Stadt finde, mangelt es mir komplett am Humor um auf die lächerlichen Ausreden der Rechtsabteilung („Das Bild steht doch frei im Internet…“, „Das haben wir von facebook, da haben Sie kein Copyright.“,…) anders zu reagieren als mit einer vollen Breitseite.

Auch bei Künstlern, die für Ihre Werke gerne den Schutz des Urheberrechts in Anspruch nehmen und deren Plattenfirmen/Management mit teilweise widerlichen Methoden gegen jede auch nur gefühlte Verletzung Ihrer Rechte vorgeht, gehe ich davon aus, dass es ab einer gewissen „Größe“ keine Naivität mehr sein kann und handle entsprechend. Einige sehr wichtige Menschen haben mir deshalb eine sehr düstere Zukunft in der Konzertfotografie vorausgesagt – bisher sind diese Prophezeiungen noch nicht eingetroffen. Ich glaube, dass man nicht darumherum kommt, ab und zu irgendwo anzustoßen – das ist deutlich wenig schlimm, als der Depp zu sein, mit dem man „es ja machen kann“.

Bei Zeitungen – auch mit denen hatte ich schon das ein oder andere Mal das „Vergnügen“ – unterstelle ich Dreistigkeit, die wissen es definitiv besser. Angenehm ist hier jedoch, dass meine Rechnungen bisher immer kommentarlos und in voller Höhe bezahlt wurden.

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Wie Ihr auf was in welcher Form reagiert, ist Eure Sache. Ich halte nichts davon, Privatleute anzugehen denen ich erst mal nur Freude an Fotos und Naivität unterstelle. Da hilft ein freundliches Wort eigentlich immer weiter. Das ein oder andere Mal ergab sich ein wirklich nettes Gespräch und ich denke, dass man sich absolut keinen Gefallen damit tut, gleich in jede Richtung auszukeilen. Andererseits halte ich wenig davon, bestimmte Dinge einfach hinzunehmen. Es ist natürlich Euch überlassen, wo Ihr eine Grenze zieht – ich möchte Euch jedoch dringend ans Herz legen, eine solche Grenze für Euch zu definieren und im die Sache Zweifelsfall dann auch durchzuziehen. (Das ist genau wie mit den geschenkten Bildern, wenn man bestimmte Dinge erst mal einreißen lässt, wird es immer schwerer etwas zu ändern.)

Wer tiefer in das Thema einsteigen will, dem sei das Buch „Recht für Fotografen“ empfohlen – herzlichen Dank an den Kollengen Max Neubauer für den Hinweis.

tdl;dr

  • Eure Bilder genießen den Schutz des Urheberrechts.
  • Man kann Euch die Urheberschaft nicht nehmen.
  • Der Schutz ist nicht von irgendwelchen Hinweisen auf/an Euren Fotos abhängig.
  • Ihr habt insbesondere ein Recht darauf als Urheber Eurer Fotos genannt zu werden.
  • Ihr bestimmt, wie die Bilder verwendet werden dürfen. Auch im Internet.
  • Bei der Verletzung Eurer Rechte stehen Euch Rechtsmittel (wie eine Abmahnung) und Schadensersatz zu.
  • Auch ein Privatmensch kann Abmahnen lassen und Schadensersatz verlangen.
  • Es ist nicht immer klug, gleich mit dem Anwalt auf jemanden loszugehen.
  • Ich bin immer noch kein Anwalt und das hier ist immer noch keine Rechtsberatung.
  • Es gibt kein Copyright in Deutschland.