Seit einiger Zeit habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, Abends eine Runde durch den Wald zu gehen – zum großen Vergnügen meiner Freunde, die die Vorstellung, ich könne freiwillig mein Büro oder Studio verlassen um mich zu bewegen, sehr erheiternd finden. Trotz allem gutmütigen Spott muss ich gestehen, dass mir die Bewegung und die Ruhe abseits von Allem hilft, meinen Kopf frei zu bekommen und neue Kraft zu finden.
Eigentlich wollte ich diese Art von Entspannung strikt vom Rest meines Lebens trennen, um mir einen Rückzugsort zu erhalten. Wie das immer mit Plänen und guten Vorsätzen ist… es klappt nicht. Ich konnte mich nicht zurückhalten und habe dann doch die Kamera mitgenommen. An einem Abend mit einer recht seltsamen Stimmung und nach einem kräftigen Regenguss war die Versuchung einfach zu groß. Technikfanatiker werden beim Anblick der EXIF-Daten das Schaudern bekommen, aber das Thema hatten wir schon mal, das ist durch.
Schon wieder auf dem Rückweg und eigentlich nicht mehr im Wald ist mir diese Szene begegnet. Den Weg bin ich schon unzählige Male gegangen, habe dieses Bild immer wieder gesehen, aber an diesem Abend war die Stimmung und das Licht so, wie ich es mir gedacht und die feuchte Stelle auf dem Boden exakt das, was ich mir gewünscht hatte, um der Sache ein mehr Struktur zu geben. Tatsächlich hatte ich das Endergebnis genau so vor Augen, als ich auf den Auslöser gedrückt habe. (OK, manchmal klappt doch was.) In Farbe, korrekt durchgezeichnet und ohne Rauschen ist das Foto nichts Besonderes, eher langweilig.
Also musste ein wenig Software ran. Eine gute Schwarz/Weiss-Umsetzung ist gar nicht so einfach, es reicht nicht, nur die Farbe rauszuziehen. Das macht ein Foto meistens platt und langweilig. Vielmehr gilt es, die Zusammensetzung der Helligkeitswerte aus den einzelnen Farbkanälen so anzupassen, dass die gewünschte Bildwirkung erzielt wird. (Hier ein recht netter Podcast zum Thema und hier noch ein gutes Video-Tutorial.) Das Ergebnis war mir immer noch zu sauber, also habe ich noch ein heftiges Rauschen reingerechnet um ein wenig das Flair einer alten Filmaufnahme zu erzeugen. Am Ende ist dann dieses Bild rausgekommen.
Außerdem habe ich mich hier im Namen der Kunst einmal mehr in Lebensgefahr gebracht! Während der Aufnahmen (ich brauche irgendwie immer ein paar Anläufe, bis ich mit mir und meiner Arbeit zufrieden bin) hat sich ein hinterhältiges Auto an mich herangeschlichen. Ich war so in meine Arbeit versunken, dass ich wirklich nicht mitbekommen habe, dass auf dem eigentlich nicht für den allgemeinen Verkehr freigegebenen Weg ein Auto ankam. OK, es war nicht wirklich gefährlich, es ist aber schon seltsam, wie sehr man sich in etwas versenken kann.
Genießt das Foto und geht auch mal in den Wald, es lohnt sich in jeder Hinsicht!
2 Antworten zu „Wald“
eine Strasse durch einen bunten lebendigen Wald in S/W ablichten – das *muss* Kunst sein!
Naw. Keine Kunst. Sagen wir: es entspricht einer Gemütslage.